Bin ich schon erwachsen?

Erwachsen sein. Was heißt das eigentlich? Wann ist man erwachsen? Bin ich erwachsen? Ist überhaupt irgendwer schon so weit?

Letzte Überarbeitung am 19. Februar 2020

„Erwachsen“ – das unbekannte Wesen. Dieser Zustand, den jeder irgendwann und irgendwie mal erreichen wird. Oder doch nicht? Werden wir alle mal erwachsen? Oder war das das Ding der Generationen vor uns und wir bleiben auf ewig nicht-erwachsen?

Diese Gedanken schwirrten in letzter Zeit in meinem Kopf rum, als erst makellosmag und dann Frau Margarete über das Thema schrieben. (Zwei Leseempfehlungen!)

Das die Texte sich in meinen Gehirnwindungen festsetzten geschah natürlich nicht ohne Grund. Mal wieder befinde ich mich an einem Punkt in meinem Leben, an denen ich wichtige und weitreichende Entscheidungen treffen muss. Beruflich wie privat. Ein realistischer Plan für die Zukunft muss erstellt werden. Und dann auch noch umgesetzt. Und trotzdem, oder gerade deswegen(?), fühle ich mich stellenweise alles andere als erwachsen. Ich würde mich gerne irgendwo verkriechen und anderen Menschen die Entscheidungen überlassen. Dann wäre ich nicht Schuld, wenn es schief läuft.

Natürlich tue ich das nicht. Ich verhalte mich erwachsen und treffe diese Entscheidungen. Mit allen Konsequenzen. Allein entscheiden heißt ja nicht, dass man sich nicht Rat holen kann.

Laut Wikipedia erfülle ich damit die Definition eines Erwachsenen:

Allgemein geht man davon aus, dass der Erwachsene jene notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse erworben hat, die ihn befähigen, die für sein Leben und Fortkommen notwendigen Entscheidungen selbständig und eigenverantwortlich zu treffen. Quelle

Die Diskrepanz zwischen fühlen und tun besteht aber weiterhin. Auch nach dem Treffen der Entscheidungen. Reicht das Tun alleine also aus, oder muss das Gefühl auch mitspielen?

Erwachsen sein. Was heißt das eigentlich? Wann ist man erwachsen? Bin ich erwachsen? Ist überhaupt irgendwer schon so weit?

Bin ich erwachsen?

Früher, so vor 10 Jahren, hatte ich eine klare Vorstellung davon, wie es wäre erwachsen zu sein. Ich wäre verheiratet mit dem Mann meiner Träume, hätte ein Kind (spätestens mit 25, sonst wäre ich zu alt), hätte ein Haus gebaut und würde in einem Job arbeiten, der mir nicht nur Spaß macht, sondern auch noch gut bezahlt wird.

Also eine ganz klassische Vorstellung vom Erwachsensein. Und vielleicht liegt genau da der Kernpunkt meines jetzigen Problems. Es ist eine veraltete Vorstellung. Es ist die Vorstellung der Generationen vor uns (okay, mal abgesehen von der arbeitenden Ehefrau vielleicht).

Ehe, Haus, Kind ist nicht mehr zeitgemäß

Damit meine ich nicht, dass das nicht immer noch lohnenswerte Ziele/Lebensabschnitte sind. Jeder so, wie es ihm/ihr gefällt. Aber es sind nicht mehr die Punkte im Leben, die einen vom Jugendlichen zum Erwachsenen befördern. Manche sind nie an diesen Punkten und trotzdem viel erwachsener als so mancher, der drei Häkchen setzen kann. (Deswegen ist dieses Quiz auch Blödsinn. Aber die Kommentare gut.)

Punkt 1, die Ehe, habe ich dieses Jahr erfüllt. Aber das hat mich nicht erwachsener gemacht, als ich es vorher war. Auch Punkt 2 und 3, Haus bauen und Kind kriegen, werden mich nicht schlagartig zu einem Erwachsenen machen. [Nachtrag 2020] Ein Kind bekommen ändert rein gar nichts am gefühlten Erwachsenenstatus! [/Nachtrag]

#Erwachsen werden ist ein Prozess, den nur der Tod beendet. Klick um zu Tweeten

Erwachsen werden heißt, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Entscheidungen für das eigene Leben zu treffen und dabei zu versuchen, die Konsequenzen zu berücksichtigen. Am Anfang nur die Konsequenzen für das eigene Leben und irgendwann auch die Konsequenzen für andere Menschen. Für die Familie, für Freunde, für eigene Kinder…

Man kann trotzdem noch in den Tag hineinleben, man kann trotzdem noch finanziell von seinen Eltern abhängig sein, man kann trotzdem noch gerne Cartoons sehen, man kann trotzdem noch die Fertigpizza dem Gemüse vorziehen, man kann trotzdem noch viele, viele und noch mehr „nicht-erwachsene“ Verhaltensweisen ausleben.

Erwachsen sein. Was heißt das eigentlich? Wann ist man erwachsen? Bin ich erwachsen? Ist überhaupt irgendwer schon so weit?

Bewusste Entscheidungen sind der Schlüssel

Sobald man anfängt über die Konsequenzen nachzudenken beginnt der Prozess des erwachsen Werdens. Wenn man sich bewusst ist, dass es für einen selbst vielleicht ganz angenehm sein mag jeden Monat die Miete von den Eltern bezahlt zu bekommen, diese aber deswegen nie in den Urlaub fahren können. Wenn man sich bewusst für die Fertigpizza entscheidet, obwohl man ganz genau weiß, dass sie eigentlich ungesund ist und einem eine Gemüsepfanne besser tun würde.

Es kommt nicht darauf an die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und Gefühl und Tun müssen nicht übereinstimmen. Was entscheidend ist, was einem zu einem Erwachsenen macht, ist die bewusste Entscheidung für oder gegen etwas unter Berücksichtigung der möglichen Konsequenzen. Und wenn einem die Konsequenzen egal sind und man trotzdem die für andere schädliche Wahl trifft, dann ist man dadurch nicht weniger erwachsen. Vielleicht ist man dann ein schlechter Mensch, aber auch die sind erwachsen.

Dieser Prozess ist nie vollständig beendet. Wir alle treffen immer mal wieder Entscheidungen ohne die Konsequenzen zu bedenken. Das ist normal. Das ist nicht schlimm. Aber wenn wir erwachsen sind, dann versuchen wir meistens die Konsequenzen unser Handlungen zu bedenken. Bei manchen beginnt dieser Prozess früh, bei anderen braucht es gefühlt einen Auslöser wie das erste eigene Kind. Ob man nun 5, 20 oder allen 30 Punkten solcher Listen zustimmen kann ist da wirklich nebensächlich.

Die Verantwortung macht uns erwachsen.

Erwachsen sein. Was heißt das eigentlich? Wann ist man erwachsen? Bin ich erwachsen? Ist überhaupt irgendwer schon so weit?

Ja, ich bin erwachsen!

Auch, wenn ich mich manchmal nicht so fühle. Auch, wenn ich mich manchmal sehr kindisch verhalte. Auch, wenn ich manchmal jede Entscheidung umgehen möchte. Ich bin trotzdem erwachsen, ich kann es nicht (mehr) leugnen.

Begonnen hat dieser Prozess bei mir, so glaube ich zumindest, mit ungefähr 17 Jahren. Da fing das ganze Elend an. Denn mal ehrlich, keine Verantwortung zu tragen wünschen wir uns doch alle mal. Oder?

Wann glaubst du setzte dein Reifungsprozess ein? Gab es einen Auslöser?

6 Kommentare
  • Hab ich gern gelesen, immer spannend, andere Sichtweisen zu lesen. Hochzeit hat für mich auch wenig verändert, Kind ist tatsächlich eine größere Zensur. Weil es dich einfach zwingt, nicht mehr nur dich selbst zu sehen. Aber ich habe auch noch kein Haus gebaut. Lieben Gruß!

    • Kann ich mir gut vorstellen, dass ein Kind da sehr viel zu beiträgt. Aber auch da ist es sicherlich so: Wer vorher nicht erwachsen war, wird auch nach/bei der Geburt nicht schlagartig erwachsen. Auch dann findet ein Prozess statt. Er findet vielleicht nur, gezwungenermaßen, schneller statt. Aber das werde ich ja vielleicht irgendwann auch mal aus erster Hand berichten können. 😀
      Liebe Grüße
      Lexa

  • Ja klar, ich würde auch sagen, dass ich erwachsen bin. Auch ich treffe eigene Entscheidungen und muss für die Konsequenzen grade stehen. Und ich fühle mich auch – zumindest meistens – in der Lage, solche Entscheidungen zu treffen.
    Trotzdem fühle ich mich „anders erwachsen“ als zB meine Eltern. Klar, die haben viel mehr erlebt, haben Kinder groß gezogen, ein Haus gebaut etc 😉 Aber ich sehe mich auch „anders erwachsen“ als Freundinnen von mir, die bisher einen ganz klassischen Weg gegangen sind, mit Ausbildung, Job, Hauskauf, Ehe, Dorfleben. Das heißt nicht, das die eine oder andere Art schlechter ist. Wir alle haben uns zu verantwortungsvollen Menschen entwickelt. Trotzdem denke ich, dass eben dieser „klassische Weg“ von außen eher als erwachsen angesehen wird, als Studium, WG-Leben usw, wo ich mich gerade noch befinde.
    In jedem Fall ein interessantes Thema. Schön, dass du deine Gedanken dazu auch aufgeschrieben hast 🙂

    • Ja, der klassische Weg ist nicht mehr für alle passend. Für die meisten wahrscheinlich sogar nicht mehr. Deswegen muss eine neue allgemeine Definition in den Köpfen der Menschen heranwachsen, was erwachsen eigentlich bedeutet. Die alten Maßstäbe lassen sich nicht mehr ansetzten.
      Liebe Grüße
      Lexa

  • Sehr schöner Artikel…
    Ja, ich bin erwachsen.. aber irgendwie auch nicht udn das ist gut so.. ich hab so einen kleinen Peter Pan in mir.. der soll bitte auch bis zum Ende da bleiben, denn den mag ich 🙂

    Ganz viele liebe Grüße

    Franzy

    P.S:: ich würde mich unheimlich freuen,wenn du mal bei mir reinschauen würdest. aktuell läuft wieder ein schönes Give-away das sich über deine Teilnahme freuen würde 😉

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