Letzte Überarbeitung am 12. Februar 2020
Eine Frage, die sich mir in letzter Zeit häufiger stellte. In persönlichen Gesprächen und in einigen Online-Unterhaltungen bin ich dabei auf die verschiedensten Standpunkte gestoßen und möchte auf diese Weise das Knäul an Informationen und Meinungen, das sich in meinem Kopf gebildet hat, sortieren.
Aber bevor man die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Bloggern und Journalisten, bzw. von Blogs und Journalismus, beleuchten kann, muss man sich erstmal klar sein, wie man beide Gruppen definiert. Ich beziehe mich in beiden Fällen auf die textlastige Variante der Ausübung. Vlogger, Instagrammer, Rundfunkjournalisten etc. sind in diesem Fall also nicht mit einbezogen. Aber ich glaube, die Überlegungen sollten sich am Ende gut übertragen lassen.
Blogger
Für mich gibt es drei Kategorien an Bloggern:
Hobby
- Schreiben, um zu Schreiben.
Der Spaß steht im Vordergrund, die eigene Meinung wird geäußert mit der Hoffnung gleichgesinnte zu finden, mit denen man sich über gemeinsame Vorlieben austauschen kann.
Beruf
- Schreiben, um Geld zu verdienen.
Es soll entweder mit (bspw. durch Affiliate-Links) oder durch (bspw. durch Kundengewinnung) den Blog Geld verdient werden.
Berufung
- Schreiben, um zu Überzeugen.
Der Blog dient dazu die eigene Lebensphilosophie kund zu tun um möglichst viele andere davon zu überzeugen. Derjenige ist sich sicher, dass er die einzig richtige Art kennt zu leben, sich zu ernähren, Sport zu treiben etc.
Diese drei Kategorien sind dabei nicht trennscharf. Vermischungen und Überschneidungen sind keine Ausnahme, sondern die Regel. Dieser Blog ist das beste Beispiel dafür: Ich bin grundsätzlich ein Hobbyblogger, aber ab und zu schreibe ich auch etwas, um damit Geld zu verdienen. Und wenn ich beispielsweise über Feminismus schreibe, hofft ein Teil von mir, dass dadurch jemand erkennt, wie gut Feminismus für die Gesellschaft ist.
Meiner Erfahrung nach, lässt sich aber so gut wie jeder Blog schwerpunktmäßig einer der drei Kategorien zuordnen. Wenn ihr einen kennt, der sich nicht zuordnen lässt, dann nennt ihn mir bitte. Das würde mich interessieren.
Journalist
Beim Journalismus unterscheide ich nach zwei Themenbereichen:
Unterhaltung
- Themen, die die Gesellschaft nicht voran bringen.
Mode und Sport sind hier gute Beispiele. Ich bezweifel nicht, dass diese Themenbereiche für einige Personen subjektiv sehr relevant sind, aber objektiv gesehen macht es für die gesellschaftliche Entwicklung keinen Unterschied, welche Mannschaft gewinnt oder was die momentane Trendfarbe ist.
Gesellschaftlich relevant
- Themen, die unser Denken nachhaltig verändern können.
Politik ist hier das Paradebeispiel. Aber auch Berichte von Kriegsschauplätzen oder das Aufdecken von Wirtschaftsskandalen etc. gehören dazu.
Auch diese Unterteilung ist wieder nicht trennscharf. Ein gesellschaftlich relevantes Thema kann durchaus unterhaltsam aufbereitet sein oder beide Aspekte in sich vereinen. Wenn beispielsweise Frauen in Miniröcken unterstellt wird Vergewaltigungen zu provozieren, ist das zwar nicht unterhaltsam, aber der Teilaspekt Mode fällt in den Bereich „Unterhaltung“, die Frage, inwiefern es gesellschaftlich tragbar ist den Opfern die Schuld zuzuschieben, ist aber eine gesellschaftlich relevante. Die Entscheidung, wo die Fußball-WM ausgetragen wird, ist erstmal gesellschaftlich nicht wichtig, aber wenn die Wahl auf einen Staat wie Katar fällt, vielleicht doch.
Nun ist Journalismus aber nicht gleich Journalismus. Mal abgesehen von den Themen, kann man ja auch wunderbar nach den Textsorten unterscheiden. Da gibt es die Texte auf Faktenbasis (bspw. Bericht, Interview oder Reportage) und auf Meinungsbasis (bspw. Glosse, Kolumne oder Rezension).
Und schon sind wir bei der ursprünglichen Frage, wo die Unterschiede von Bloggern und Journalisten liegen. Die meisten Blogger schreiben rein meinungsbasierte Texte. Es geht darum, wie sie die Welt sehen. Das macht ja auch den Charme vieler Blogs aus. Es ist ein Blick durch das Schlüsselloch in die Welt des Schreibers. Gut aufbereiteten und faktenbasierten Journalismus findet man hingegen nur auf den allerwenigsten Blogs. Und dann meist auch nur vereinzelt zwischen Meinungsartikeln.
Faktenbasierter Journalismus
Für mich persönlich die Königsdisziplin, da am schwersten zu schreiben. Ein Thema sorgfältig zu recherchieren, verschiedene Standpunkte in Erfahrung zu bringen und dann neutral zu berichten ist etwas, das nur die wenigsten wirklich können. Es ist einfacher seine eigene Meinung zu äußern und verdammt schwer, sie komplett rauszuhalten.
Auch faktenbasierter Journalismus kann natürlich Meinungen enthalten (auch die des Autors), das eine schließt das andere selbstverständlich nicht aus, aber meiner Meinung nach ist neutrale Berichterstattung das, an dem sich Blogger messen müssen, wenn darüber geredet wird, wo die Unterschiede von Blogs und Journalismus liegen.
[Nachtrag] Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Aufgabe des Journalismus als vierte Gewalt im Staat. Um diese Aufgabe wahrnehmen zu können, haben Journalisten bestimmte Rechte, die Blogger so nicht haben. Weitere Informationen dazu stehen in den Kommentaren, in denen ich darauf hingewiesen wurde, dass dieser Aspekt hier im Text fehlt. Ich hatte ihn zwar im Kopf beim Schreiben des Beitrags, aber irgendwie ist er nicht lesbar in den Text mit eingeflossen. Glücklicherweise gibt es aufmerksame Leser, die den eigenen Text vervollständigen, wenn es nötig ist. [/Nachtrag]
Blogger können journalistisch arbeiten
Der Hauptunterschied liegt demnach in der Art des Arbeitens. Auch innerhalb des Journalismus unterschiedet sich diese, aber die Mehrheit der Blogs schreibt rein meinungsbasiert. Wohingegen Journalismus im allgemeinen Verständnis sehr oft (so zumindest mein Eindruck) mit einer faktenbasierten Arbeitsweise gleichgesetzt wird.
Natürlich können Blogger journalistisch arbeiten, schließlich verbietet es ihnen niemand und wie man vernünftig recherchiert und schreibt, kann jeder lernen. Zusätzlich gibt es viele Journalisten, die nebenbei bloggen und dort Artikel veröffentlichen, die sich nicht großartig von ihren Berichten und Reportagen in Zeitungen unterscheiden. Aber jemand der bloggt, ist nicht automatisch Journalist.
Manche sagen sogar, dass nur jemand, der hauptberuflich als Journalist arbeitet, auch journalistisch arbeiten kann (siehe Aufnahmerichtlinen des DJV), aber das ist natürlich Quatsch. Journalist ist in dem Fall einfach nur eine Berufsbezeichnung und sagt noch rein gar nichts über die Qualität der Arbeit und die Art und Weise der Berufsausübung aus.
Blogger können somit zwar keine Journalisten sein, aber sie können durchaus Artikel schreiben, die journalistischen Ansprüchen genügen. Das ist aber immer eine Einzelfallentscheidung, die grundsätzlich nichts mit den Bezeichnungen Blogger oder Journalist zu tun hat.
Leseempfehlungen zum Thema:
- Basiswissen Journalismus: Presserecht für Journalisten und Blogger
- Grundlagen des Journalismus*
- Was dürfen Journalisten?
Was mich jetzt noch interessiert: Kennt ihr „journalistische Blogs“? Die also regelmäßig und als Schwerpunkt faktenbasiert und neutral berichten? Wenn ja, freue ich mich über Links in den Kommentaren.
Aber auch eure Meinung zum Artikel und meiner Schlussfolgerung ist natürlich gerne gesehen.
Ich bin da deiner Meinung, dass Blogger Journalisten sein können, aber ich finde ein Journalist muss nicht unbedingt einen rein faktenbelegten Artikel im Portfolio haben. Er kann auch nur Glossen oder Rezensionen schreiben, wenn dies ihm besonders gut liegt.
Ich finde das hier „Themen, die unser Denken nachhaltig verändern können.“ ist etwas, was Journalisten und auch Blogger auszeichnet – Menschen dazu bewegen zu können, sich über ein Thema Gedanken zu machen, eine Meinung sich darüber zu bilden usw.
Dabei muss es meiner Meinung nach nicht mal rein faktenbasiert sein, sondern kann auch die eigene Meinung und eigene Erfahrung sein (finde ich oftmals auch viel standhafter, als irgendwelche Statistiken, bei denen man nicht genau nachvollziehen kann, was genau wie bewertet oder gezählt wurde). Aber derzeitig zeichnen sich Blogger nicht dadurch aus, über Themen zu schreiben, die einen nachhaltig verändern können. Außer optisch.
Leider habe ich keine Links zu den von dir gesuchten Schwerpunkt.
Moin Christiane,
stimmt, um Journalist zu sein, reicht es völlig meinungsbasiert zu schreiben. Das macht ihn nicht schlechter.
Allerdings, und da ist es dann meine persönliche Meinung, zeichnet einen wirklich guten Journalisten aus, dass er gute und interessante faktenbasierte Artikel schreiben kann, die einen wirklich neutral informieren und auf deren Grundlage man sich, weitestgehend Beeinflussungsfrei, eine Meinung bilden kann.
Das jeder Artikel immer irgendwie beeinflussend ist und nie ganz neutral, ist mir klar, aber ein Journalist, der sich beweisen will, der strebt dieses Idealbild an. So sehe ich es zumindest.Das sind die Menschen, die ihren eigentlichen Auftrag: Zur Meinungsbildung der Bevölkerung beitragen und die vierte Gewalt im Staate sein, wirklich ernst nehmen.
Aber vielleicht ist mein Bild da auch zu idealistisch.
Und natürlich kann das auch über faktenbasierte Artikel inkl. Meinungsäußerung passieren. Das schließe ich ja gar nicht aus. Aber einen interessanten Artikel völlig frei von Meinung zu schreiben ist schwieriger und daher für mich das, was man als Maßstab, als Zielvorgabe, setzen sollte.
Einige Blogger gibt es schon, die über solche Themen schreiben. Du beispielsweise mit den Artikeln, die noch kommen 😉 Und einige andere, die regelmäßig in meiner Linkliebe auftauschen. Sie sind nicht die Mehrheit, aber es gibt sie.
LG Lexa
Moin, da ich beides bin möchte ich dazu was sagen: eine ganz wichtige Funktion des Journalisten ist die sogenannte Wächterfunktion. Das wird oft vergessen. Der Journalist schaut dem Staat, den Behörden etc auf die Finger, ist quasi eine Kontrollinstanz. Er verhilft denen, die keine Lobby haben, zu Öffentlichkeit, er verteidigt die Schwachen der Gesellschaft, die, die sich nicht wehren können.
Das kann theoretisch auch ein Blogger, etwa indem er Mißstände anprangert. Er hat aber weniger Möglichkeiten die Behörden, den Staat etc damit zu konfrontieren bzw die Herausgabe von Informationen (nach dem Informationsfreiheitsgesetz) zu erzwingen.
Liebe Grüße
Gitti Müller
comebackmitbackpack.com
Moin Gitti,
danke für deinen Kommentar, denn du benennst etwas wichtiges, was ich in meinem Beitrag wirklich nicht angesprochen habe. Ich hatte es zwar die ganze Zeit im Kopf, siehe auch meinen Kommentar über dir, aber den Weg in den Text hat es irgendwie nicht gefunden.
Mal sehen, vielleicht finde ich noch einen passenden Weg es im Beitrag zu ergänzen.
LG Lexa
Hallo Lexa, mein Blog http://www.maxkuhlmann.com AUS DEM LEBEN hat in gewisser Weise einen journalistischen Anspruch, denke ich. Ich bringe immer wieder gerne „Gesellschafts“-Themen, nicht „Lifestyle“-Themen. Auch manchmal Politik. Gerne und oft auch Kritiken zu Theaterstücken. Gerne mische ich ab und an Musik bei. Ich überlege manchmal, ob nicht auch Journalisten im Grunde „Anstöße geben“ wollen. Das ist auch meine Intention im Blog. Kritisches und offenes Denken fördern. Kultur spielt dabei für mich eine große Rolle. Kannst Du Dir ja ansehen. Für Hinweise bin ich dankbar.
Moin Max,
sehe ich mir gerne mal näher an, deine Beschreibung klingt schon mal interessant.
LG Lexa
Ich glaube deine Einteilung der Blogs ist sehr zutreffend. Ich befinde mich auch eindeutig in der Mischung mit klarer Richtung zu Geld verdienen. Und nun oute ich mich: Sehr selten lese ich Zeitung! Was du unterscheidest zwischen Unterhaltung und gesellschaftlich relevant wird meiner Meinung nach viel zu negativ und hetzerisch vermischt. Das passt mir gar nicht! Und der faktenbasierte Journalismus kommt regelmäßig ins Wanken, weil die Stars der Szene sich als Schreiber herausstellen, die gerne einmal ihre Fantasie mit einfließen lassen. Dann lese ich lieber gleich Fiktion… Übertrieben formuliert, aber meine starke Blogger-Meinung 🙂 LG, Izabella
Moin Izabella,
outen musst du dich da nicht, das geht sicherlich vielen so. Ich lese momentan auch keine Tages- oder Wochenzeitung regelmäßig. Die Onlineauftritte überfliege ich schon ab und zu, aber das ist mit der Papierform nicht zu vergleichen.
LG Lexa