„Wusstest du eigentlich, dass ich schon einmal in Texas war? Das kam so …“, fing Opa an zu erzählen und meine Gedanken schweiften ab, während ich ihm zusah, wie er sanft mit diesen knotigen Händen gestikulierte und dabei so schrecklich klein aussah in seinem geblümten Ohrensessel mit dem abgenutzten Samt-Stoff. Für die nächste Viertelstunde würde er reden und reden und solange ich weiterhin in seine Richtung guckte, verlangte er keine Reaktion von mir. Das war immer so. Jede Woche wieder. Dann fragte er mich, wie es in der Schule lief und ich würde ihm erklären, dass ich mittlerweile studierte und alles gut war. Er wäre stolz auf mich und wenn ich ging, steckte er mir fünf Euro zu, die ich beim Hinausgehen auf dem Tisch liegen lassen würde, damit er sie mir nächste Woche wieder zustecken konnte.
Ein ewiger Kreislauf.
Oder halt nicht, deswegen kam ich ja her. Jede Woche.
Er war alt geworden. Aus dem agilen Mann der mich aufgezogen hatte war ein alter und gebrechlicher Mann geworden. Einsam, aber nicht allein in diesem Heim umgeben von lauter anderen alten Menschen. Wir waren schon immer nur zu zweit gewesen. Wir beide gegen den Rest der Welt. Aber ich konnte mich nicht um ihn kümmern. Ich war noch jung, ich musste leben, musste studieren, lernen und feiern. Nur die Besuche waren uns geblieben. Jede Woche für eine halbe Stunde.
War es zu wenig? Ja! War es zu viel? Ja! Konnte ich etwas ändern? Nein!
„…Verrückt war das damals. Aber wie geht es dir? Was macht die Schule?“
Mein Beitrag zum #Ideenbild im Februar 2017.